
Sarrazin halt’s Maul! 10.12.2019 // 17 Uhr Ziegenmarkt (pünktlich) // Antifademo gegen Sarrazin & Havanna Lounge
Am 10. Dezember lädt die Havanna Lounge Bremen das SPD-Mitglied Thilo Sarrazin zu einer Lesung ein. Die Havanna Lounge bezeichnet sich selbst als „Wirtschafts- und Gesellschaftsclub“. Die Clubräume befinden sich eine halbe Gehminute vom Rathaus und der Bremischen Bürgerschaft entfernt. 700 Mitglieder zahlen einen Jahresbeitrag von je 1000€ um in Sichtweite des Doms Zigarren zu rauchen und „Kontakte mit Entscheider*innen aus Bremen und der Nordwestregion“ zu knüpfen. Mit von der Partie sind Rechtsanwält*innen, Notar*innen, Makler*innen für Transportversicherungen, Logistik- und Bau-Unternehmer*innen, Hafenwirtschaft und Technologieberater*innen, selbsternannte „Think Tanks“, der Golf Club Syke, Sparkasse, OHB, Volksbank, Werder Bremen und viele Andere. Das heißt, hier kuscheln Wirtschaftsgrößen, „Entscheider*innen“ und bürgerliche Vorstandsmitglieder gesellschaftlich relevanter Institutionen miteinander.
Die Grenze verläuft nicht zwischen den Kulturen, sondern zwischen Antifa und Havanna Lounge
Sarrazin
– der ehemalige Berliner Finanzsenator und spätere Vorstand der
deutschen Bundesbank – schaffte es 2010 mit seinem Buch
„Deutschland schafft sich ab“ die Debatte um Migration,
Bildung und Teilhabe nachhaltig nach rechts zu verschieben. In seinen
Veröffentlichungen formulierte er völkisch-rassistische Thesen über
den Zusammenhang von vermeintlicher Herkunft, Genen und
Bildungschancen von Migrant*innen. Er bezieht sich dabei auf
rassistische Biologen und Eugeniker des frühen 20. Jahrhunderts.
Neben seinen rassistischen Ausführungen geht es Sarrazin im Kern
darum, Menschen nach einer strikt ökonomischen
Kosten-Nutzen-Rechnung zu kategorisieren und die vermeintlich
Leistungsunwilligen und Leistungsunfähigen von der Teilhabe an
Rechten und Ressourcen noch weiter auszuschließen.
In den
Folgejahren wurde Sarrazin zum lautstarken Wegbereiter neurechter
Diskurse und half dabei ein Klima zu schaffen, in dem Anschläge auf
Geflüchtetenunterkünfte und extrem rechte Wahlerfolge zur
Normalität wurden. Er machte es sich im Milieu der neuen Rechten
bequem. So redete er u.a. auf der Compact-Konferenz 2013 in Leipzig
und gehörte Anfang 2018 zu den Erstunterzeichnern einer AfD-nahen
und nationalistischen „Gemeinsamen Erklärung 2018“, in welcher
vor einer angeblichen „Beschädigung Deutschlands durch
Masseneinwanderung“ schwadroniert wurde. Im Sommer des selben
Jahres veröffentlichte er sein neues Buch „Feindliche
Übernahme“, in welchem er sich zum Islamwissenschaftler
aufschwingt, indem er glaubt erklären zu können, was der Islam ist.
Der liberale Tagesspiegel bescheinigt in einer Rezension zu diesem
Buch, dass er dabei unverändert „verletzend, grenz-rassistisch
und manipulativ“ vorgeht. Während in der Öffentlichkeit
vielfach behauptet wird, dass Rassismus ein Problem der Deklassierten
sei, wird dies durch die Person Sarrazin widerlegt. Seine Einladung
durch die Havanna Lounge zeigt: auch das Bremische Kapital
phantasiert vom „Krieg der Kulturen“.
Havanna bleibt rot
Wir werten Sarrazins Auftritt als Angriff auf uns und unsere Klasse. Wo sich wirtschaftliche Interessen und rassistische Ausbeutungslegitimierungen vereinen, geht die autoritäre Formierung der Gesellschaft in großen Schritten voran. Dies kann auch anhand der AfD gezeigt werden: ein Blick auf Unterstützer*innen und Wähler*innen der Partei zeigt, dass die AfD von großen Teilen der Mittelschicht, von Kleinunternehmer*innen und Selbstständigen getragen wird. Und dies ganz im Gegensatz zum vielfach postulierten „kleinen“ Mann und wirtschaftlichen Verlierer, welche angeblich die Unterstützer*innen dieser Partei seien. Die wirtschaftsliberale Stoßrichtung der AfD, mit der einst Bernd Lucke die Partei ins Leben rief, wurde lediglich durch den völkischen Kurs der letzten Jahre ergänzt: im Wahlprogramm geht die Entrechtung von Migrant*innen einher mit Arbeitszwang und dem Abbau von Arbeitnehmer*innenrechten.
Auch
bei Sarrazin ist die Kombination aus wirtschaftlicher Elite und
blankem Rassismus weder Zufall noch Widerspruch. Ganz im Gegenteil:
hier passt Arsch auf Eimer. Für sein Publikum heißt dies: Wer
eintausend Euro im Jahr für eine Clubmitglischaft zahlt und bei OHB
Weltraumtechnik im Vorstand sitzt, kann sich am Feierabend Sarrazins
Thesen über den Islam bei einem guten Glas Wein anhören und am
nächsten Morgen wieder Leiharbeiter*innen gegen Stammbelegschaft
ausspielen.
Ob die Veranstaltung stattfindet oder die Herren
„Entscheider“ noch einen Rückzieher machen – wir werden am
10. Dezember zeigen, dass wir uns nicht spalten lassen. Die Politik
der Rassisten und Wirtschaftschauvis betrifft uns alle und verdient
eine wütende Antwort.
Sarrazin halt’s Maul!
Havanna Lounge dicht machen!
Für einen klassenkämpferischen Antifaschismus!